Reisenotizen  -  Indien    
         
         
    Indien, eine für Europäer nur sehr schwer zu verstehende Welt. Eine Welt voller Reichtum, Armut, Wunder und Banalitäten. Menschen in unbeschreiblicher Zahl auf engstem Raum in den Städten. Chaotisch der Verkehr, Leute laufen und springen zwischen den fahrenden Autos herum. Doch zum Glück passiert nichts. Jeder scheint seinem Schutzengel grenzenlos vertrauen zu können. [Bild 1: Straße in Calcutta]    
     
    Im Taxi oder mit der Rikscha durch die Stadt, durch enge Gassen, breite Alleen, entlang schöner Hotels, Bauten aus der Kolonialzeit und Holzhütten der Slums. Das ganze Leben spielt sich für viele nur auf der Straße ab. Sie kennen weder Behausung noch eigenes Bett, schlafen auf der Straße oder wo sie sich gerade aufhalten. Eine Zeitung dient als Unterlage. Die Temperaturen sinken nur sehr wenig in den Nachtstunden, tagsüber sind es etwa 35 Celsius. [Bild 2: Rikschafahrer]    
         
    In den Geschäftsstraßen herrscht viel Gedränge. Berauschend die vielen unterschiedlichen Gerüche der Kochstellen. Viele Menschen sind Vegetarier. Sie kochen verschiedenste Gemüse mit Reis. Scharfe Gewürze gehören dazu, wie nach den Mahlzeiten Salbei zur guten Verdauung. Am Straßenrand ein Essenzubereiter, der auf einem großen, mit einer Petroleumflamme beheizten Blechtiegel Erbsen, Mais und andere Gemüse zu einem Brei zerdrückt. Nachträglich gewürzt wird alles auf einem kleinen Teller serviert und im Stehen gegessen.    
     
    In den kleinen Läden entlang der Straße kann man alle Dinge des täglichen Lebens kaufen. Die Auswahl ist sehr groß. Stoffe in den schönsten Farben, in Handarbeit hergestellte Lederwaren, es ist ein buntes Nebeneinander. Die Geschäftsleute preisen ruhig, jedoch geschäftig, ihre Waren an. Wer nicht kaufen will, wird nicht aufdringlich belästigt.    
    In einem kleinen Textilladen hatte ich ein paar Sachen gekauft. Es regnete sehr und ich wartete in diesem Laden bis der Regen nachließ. Es war sehr heiß, der Raum ohne Klimaanlage, Schweißtropfen standen mir auf der Stirn. Der Geschäftsführer merkte es und bot mir ein kühles Getränk an.    
    Beim Einkauf muss man handeln. Wer sich daran nicht hält, wird durch Überpreis bestraft. Feilschen gehört zum Einkauf, wie das Salz in die Suppe. Besonders interessant ist es, mit jemanden zu handeln, den man sprachlich nicht verstehen kann. [Bild 3: Tuchladen]    
         
    Der Geschäftslärm wird noch übertönt vom Lärm der ständig hupenden Autos. Mit der Hupe und Bewegung des aus dem Auto heraushängenden rechten Arms wird den anderen Verkehrsteilnehmern die Absicht des Fahrers angezeigt. Ich habe nie einen Unfall gesehen. Zwischen den Autos, Lastenträger, Rikschas, Bussen, Fahrrädern, Lastenkarren und immer wieder Menschen über Menschen. Eine bunte Menge, pulsierend, hektisch, hin und her strömend. Ab und zu ein Rind, das mitten auf der Straße steht, um das sich der gesamte Verkehr windet. Keiner scheint überaus ungeduldig, die Zeit hat auch im Verkehr ein anderes Maß. [Bild 4: Verkehrsregelung]    
         
    Calcutta liegt im Delta, flach im Land. Wenn es dunkel wird, scheint als erstes auf dem Fluss, mit seinem heiligen Wasser, die Abendruhe einzukehren. Die untergehende Sonne spiegelt sich im gemächlich dahinströmenden Wasser. In den Hausbooten werden die Lampen angezündet. Die eintretende Stille hat etwas beruhigendes, besinnliches. [Bild 5: Ganges]    
         
    Ein abendlicher Besuch im Hospiz von Mutter Teresa soll den Tag beschließen. Sie ist sehr beliebt und hat das Vertrauen nicht nur der bedürftigen Menschen erworben. Der unermüdliche und selbstlose Einsatz der Schwestern ist bewundernswert. Mitten im Armenviertel steht ein altes, gut gebautes Haus, in dem die Schwestern wohnen. Sie beten hier und stärken sich für die Arbeit am nächsten Tag. Mutter Teresa traf ich nicht an, sie war zu Besuch in Österreich. [Bild 6: Abendmesse im Hospiz]    
         
    Bahnhöfe, Übernachtungsort vieler Reisender, Gepäckträger, Bettler und Globetrotter. Emsiges Treiben bei Ankunft und Abfahrt eines Zuges. Bauern tragen ihr frisch geerntetes Gemüse, Obst, Zuckerrohr und anderes auf den Köpfen zum nächsten Markt. Kinder strecken ihre Hände stumm den vorübergehenden Fahrgästen entgegen, in der Hoffnung, etwas Essbares oder ein Geldstück zu bekommen. [Bild 7: Bahnhofshalle in Calcutta]    
         
    Mit dem Zug ging es nach Bokaro. Die Fahrt ist sehr beschwerlich, in erster Linie wegen der klimatischen Bedingungen. Reisfelder gleiten vorüber. Nur wenige sind bestellt. Die ausgetrockneten Felder benötigen Ruhe, da sie nicht gedüngt werden. Männer pflügen den Boden mit dem Holzpflug und einem davor gespannten Wasserbüffel. Rinder grasen auf den trockenen Feldern das letzte Grün ab. Kinder passen auf, dass die Kühe nicht in die Pflanzungen abwandern und die geringe Ernte vernichten. Der Wasserbüffel ist das wichtigste Arbeitstier und nicht heilig. In den Dörfern sind die Frauen und Kinder mit dem Dreschen der Reisbündel beschäftigt. Staub fliegt durch die heiße Luft. [Bild 9: Reisfelder]    
         
    Das Wohnen neben der Bahn scheint für viele Menschen nicht uninteressant zu sein. Es gibt genügend Wasser, das sich in den Erd- und Kiesgruben neben dem Damm gesammelt hat. Mit Sonnenaufgang steigen die Frauen mit ihren Gewändern in das Wasser, waschen sich, ihre Kleider und das Essgeschirr. Diese Prozedur wird sehr gemächlich vorgenommen. Später sieht man Männer und auch Kinder bei der Morgenwäsche. [Bild 12: Wasserstelle]    
         
    Die Regenzeit ist in Bombay erträglich. Die Straßen schwimmen nicht weg. Der Regen ist warm. Das monotone Plätschern beruhigt die Nerven, für den, der Zeit hat. Die Menschen stehen an den Bushaltestellen auf der Straße und lassen das Wasser an sich hinab gleiten. Der Regen ist ein willkommenes Geschenk des Himmels, nach so langer Zeit der Trockenheit.. Wiesen werden plötzlich wieder tiefgrün, Vögel putzen ihr Gefieder ohne Unterlass, alles lebt von neuem auf. Das ameisenhafte Treiben in den Geschäftsstraßen hat kaum nachgelassen. Der Schmutz wird weggespült, die Erde saugt wie ein Schwamm das kostbare Nass auf. Nach vielen heißen Wochen folgt die erste leichte Abkühlung. [Bild 13: Haus im Grünen]    
         
    Bombay, eine Weltstadt am Indischen Ozean, eingeschnürt von vielen Buchten, die mit Hochhäusern umkränzt sind. Der Unterschied von Arm und Reich kommt hier deutlich zum Ausdruck. An den, die Villen und Hotels umschließenden Mauern grenzen die armseligen Behausungen der Besitzlosen. Stofffetzen überdecken die zusammengebundenen Stöcke, schützen vor Sonne, Wind und in der Regenzeit nur notdürftig vor dem Regen. Dieser harte Kontrast könnte größer nicht sein. Die wohlhabenden Menschen achten nicht darauf, sie sehen das Elend nicht mehr. [Bild 15: Strand in Bombay]    
         
    Der Indische Ozean ist gewaltig in seiner Kraft. Wellen schlagen an das Ufer zur Monsunzeit. Hin und wieder werden die Wolken aufgerissen und die Sonnenstrahlen drängen sich durch den Regen und Dunst. Das Wasser ist trüb und warm. Kinder spielen am Ufer mit den heranbrausenden Wellen. Sie versuchen ihnen gekonnt auszuweichen. Am Horizont große Schiffe, die vor Anker liegen, eine Brücke von Ost nach West, zwischen Indien und der ganzen Welt. [Bild 16: Ozean in der Monsunzeit]